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Der Journalistenblog der Studierenden der FHM-Außenstelle Köln

Bob, Boris und der Türsteher

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Samstags oder Sonntags, manchmal auch Mittwochs, wird Anna Leschitzki berühmter als Britney Spears. Kinder toben, sausen, quitschen um sie herum. Eltern schiessen Fotos. Eine halbe Stunde lang gehört ihr alle Aufmerksamkeit. Populär für 30 Minuten. Später am selben Tag sinkt sie erschöpft auf den nächstbesten Stuhl, schält sich mühsam aus ihrem Kostüm und wird wieder unbekannt.

Bob, also Anna, hat Spaß in ihrem Job. Wenn auch nur für 30 Minuten. (Bild: Leschitzki)

Bob, also Anna, hat Spaß in ihrem Job. Wenn auch nur für 30 Minuten. (Bild: Leschitzki)

Sprechen verboten!

Anna ist Bob, der Baumeister. Der absolute Held für Drei- bis Neunjährige. Im Bob-Ganzkörperkostüm tingelt die Studentin durch Deutschland. Mal im Freizeitpark in München, mal in einem Kino in Berlin. Durch ihren Job in Bob hat die FH-Studentin schon die ganze Nation bereist, während ihres Jobs sieht sie aber nicht viel von der Welt. Durch einen winzigen Ausschnitt im Kostüm schaut sie nach draußen. Vor ihren Augen ist ein Netz gespannt, Bobs Gewicht drückt schwer auf ihre Schultern. Wenn ihre Nase juckt, kann sie sich nicht kratzen. Und sprechen darf sie sowieso nicht. „Das würde die Illusion der Kinder zerstören.“ sagt sie.

 

Angefangen hat alles ganz harmlos- mit einem Kompliment. „Anna, du bist so schön klein.“ meinten ihre Kollegen in der Kölner Promotion Agentur pie.five grinsend. Die Studentin ist wirklich nur 1, 60 Meter groß. Perfekt für den Job, der neue Bob war geboren. Anfangs noch misstrauisch machte ihr Bob nach kurzer Zeit sehr viel Spaß. „Was macht glücklicher als ein Kinderlachen?“ fragt sie und muss selber lächeln. „Und in Bob sieht man nur Kinderlachen.“

Daumen hoch: Anna Leschitzki und ihr Bob. (Bild: Leschitzki)

Daumen hoch: Anna Leschitzki und ihr Bob. (Bild: Leschitzki)

Anna sagt „in Bob“ und wenn sie über Termine plaudert, sagt sie „Ja, da war ich mit Bob unterwegs.“ Sie redet fast zärtlich über den berühmten Baumeister. So wie man über einen guten Freund spricht. „Ich habe mittlerweile eine echte Beziehung zu der Figur aufgebaut. Das muss man aber auch.“ Wer in Bob steckt, muss schließlich auch wissen, wer Bob ist.

Einmal stand Anna, also Bob, auch schon mit anderen Stars auf der Bühne. Im Europapark Rust sollte Bob, also Anna, einen Preis an Kinder verleihen. Rapper Samy Deluxe war da und der Komiker Markus Majowski. Und tausende Kinderaugen, nur auf Bob gerichtet. „Das war unglaublich. Ich hab´ mich gefühlt wie ein Star.“ Ein Star auf Zeit, berühmt für süße 30 Minuten. Immer samstags oder sonntags. Und manchmal auch mittwochs.

Bücher statt Bob: Der Nachhilfelehrer Neumann

Auf ganz andere Weise hat auch Boris Neumann mit Kindern zu tun. Entspannt steigt er aus seinem roten Renault und macht sich auf den Weg Richtung der Moschee des Verbandes der islamischen Kulturzentren. Hier betreut er seit April letztem Jahres vier mal die Woche Kinder und Jugendliche türkischer Abstammung, zwischen 10 und 15 Jahren. Allerdings nur die Jungs. In dem türkischen Kulturverein werden die männlichen und die weiblichen Schüler getrennt voneinander unterrichtet. Die Betreuung der Mädchen findet in einem kleinen Nebengebäude der Moschee statt. Auf dem Weg vom Parkplatz zum Eingang des Gebäudes begegnet Boris einem seiner Schützlinge. Hussein, ein elf Jahre alter Realschüler, fragt ihn, ob er das Fußballspiel zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV am Abend zuvor gesehen habe. „Krasses Spiel. Gut das Hamburg verloren hat. Die haben das Finale echt nicht verdient“, so die Einschätzung des Realschülers. „Fußball war am Anfang ein gutes Thema, um das Eis zwischen mir und den Jugendlichen zu brechen. Fast alle Jungs sind davon besessen“ , so der Lehramt-Student. Gemeinsam mit Hussein betritt er den Eingangsbereich der Moschee, wo sie sich ihre Schuhe ausziehen und in die dafür vorgesehenen Schubladen stellen.

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Written by tsoehngen

Mai 11, 2009 um 1:56 pm

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